Tuesday, April 18, 2006

Europa im Kaukasus


Aus Georgien hört man unterschiedliche Töne. Nannte man den Präsidenten nach der Rosenrevolution liebevoll Micha, so wird zunehmend nur noch von Saakashvili gesprochen. Die FAZ faßt zusammen, dass mit den bunten Revolutionen die ehemaligen Hoffnungen verspielt werden. Sicher ist wohl immer wieder, dass Hoffnungen schnell die Gemüter bewegen, die realen Umstände jedoch häufiger viel komplizierter sind. In Georgien rüstet sich eine Opposition, da u. a. die Pressefreiheit in Frage gestellt sieht, wobei auch der Kampf gegen die Korruption und gegen andere Interessen mit fragwürdigen Methoden erfolgen. Man denke nur an die brutale Niederschlagung der Gefängnisrevolte durch vermummte Elitetruppen.
Ob jedoch immer nur selbstverliebte Machteliten, die allesamt über einen Kamm geschoren werden die Verantwortung dafür tragen, ist wohl doch etwas zu vorwurfsvoll und geradeheraus formuliert. Gerade im Kaukasus ist das Problem viel komplexer und vielschichtiger, auch was die Machtansprüche und Interessenlage unterschiedlichster Akteure betrifft. Sicher orientieren sich die Kaukasus-Staaten nach Westen und Osten, suchen nach stabilen und verläßlichen Partnerschaften. Im Gegensatz hat der Westen - allen voran auch die USA - gezeigt, dass auch sie Interessen im und am Kaukasus haben. Und Russland macht irgendwie "historische" Ansprüche geltend, und führen gerade mal wieder vor, wie sie Nachbarn unter Druck setzen können. Im Winter drehten sie den Strom und das Gas ab. Und jetzt im Frühjahr darf Wein, Wasser und wahrscheinlich auch Lebensmittel nicht in das russische reich eingeführt werden.

Da die Voraussetzungen im Kaukasus nicht gerade einfach sind, sollte man ebendrum die gebeutelten Staaten und ihre Einwohner nicht gerade wie Halbstarke behandeln, denen man noch die Leviten lesen muß. Zwar müssen auch die Kaukasus-Staaten Verantwortung übernehmen, doch geopolitische Interessen haben eben großen Einfluß in der Region. Politisch und wirtschaftlich ist die Schwarz-Meer-Region eben nicht stabil. Da machen sich Enttäuschungen und Krisenstimmungen breit. Daher ist es zu begrüßen, daß sich die deutsche Regierung während ihrer EU-Ratspräsidentschaft dem Kaukasus zuwenden will. Gespannt darf man sein, was das konkret bedeutet? Und wie sich Europa, Amerika und Russland dazu verhalten wird?
Für Europa wird das auf jeden Fall eine Herausforderung sein, die auch Zeit und Initiative beanspruchen. Und sicher müssen die kaukasischen Staaten auch etwas dazu beitragen, den gordischen Knoten zu lösen. Denn im Kaukasus geht es auch um die "europäische" Zukunft der Türkei und Rußlands. Dabei sind natürlich auch die enormen Konflikte im Nordkaukasus zu beachten und einzubeziehen.

Mehr:
Merkel plant laut «Welt» neue Ost-Politik für EU ... Merkur Online - 17. Apr. 2006... an der EU-Spitze werde die Energiepolitik sein. So solle der Kaukasus als neue Nachbarregion ins Zentrum der Bemühungen rücken.
Merkel geht auf Kaukasus zu Focus Online - Der ressourcenreiche Kaukasus solle als neue Nachbarregion ins Zentrum der politischen Bemühungen rücken, hieß es.
Merkel plant angeblich neue EU-Ostpolitik Rheinische Post
Merkel will angeblich Ostpolitik ändern Spiegel Online
Merkel will Initiative für EU-Verfassung starten Die Welt

"Unions- und SPD-Außenpolitiker sind sich deswegen einig. „Alles, was helfen kann, diese Region zu stabilisieren ist absolut unterstützenswert“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz, gegenüber ZEIT online. Allerdings sei völlig klar, dass es bei dem, was nun unter „neuer Partnerschaft“ fingiere, nicht um eine EU-Beitrittsperspektive gehen könne.
Es gebe aber unterhalb dieser Ebene zahlreiche Instrumente wie beispielsweise bevorzugten Zugang zum EU-Binnenmarkt oder Kooperationsabkommen jeder Art, auch auf bildungs- und kulturpolitischer Ebene, mit denen die Zusammenarbeit ausgebaut werden könne. Auch der SPD-Russlandexperte Markus Meckel bestätigte ZEIT online das politische Interesse an der Region. Er könne sich vorstellen, dass alle Instrumente, die bei den osteuropäischen Ländern mit dem Ziel einer Heranführung an die EU angewandt worden seien, auch im Hinblick auf den Kaukasus eingesetzt werden könnten, auch wenn man diese Länder nicht mit dem Bonbon der Beitrittsperspektive locken könne. Die EU müsse bei der Wahl ihrer Methoden flexibler werden, forderte er. Dies sei bei den bisherigen Programmen, die zudem stets noch zwischen den zerstrittenen Staaten abgestimmt werden müssten, nicht der Fall.
Entscheidend sei aber die Einbindung Russlands. Russland dürfe eine solche Initiative nicht als Bedrohung wahrnehmen, sagte Meckel. Zugleich sei es aber richtig, Russland deutlich zu machen, dass die EU willens ist, in dieser Region eine eigenständige Politik zu verfolgen. Auch wenn in der Welt schon mal eine neue Ostpolitik ausgerufen wurde, rechnet Ruprecht Polenz nicht mit einer grundlegenden Neuorientierung. Vielmehr gehe es um eine verstärkte Schwerpunktsetzung. Und da könne die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, die 2007 beginnt, durchaus konkrete Initiativen anstoßen. Katharina Schuler
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Kommenttar von dem Reiseunternehmer Hans Heiner Buhr:

Europa rückt an den Kaukasus

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