Saturday, June 03, 2006

Geopolitik im kaukasischen und
im kaspischen Raum

Die Frage erübrigt sich wohl, ob es um die Ölvorräte geht, denn dem widerspricht wohl kaum einer mehr. Einige ehemalige Sowjetstaaten suchen die Nähe zum Westen zur NATO und zur EU, sicher auch aus anderen Gründen. Insbesondere zu den Vereinigten Staaten werden Verbindungen geknüpft, die wiederum im Gegenzug ihr Interesse an der Region bekunden. Zudem hat sich die EU immer etwas zurückgehalten, um ihre Beziehungen zu Russland nicht übermäßig zu belasten. Vor allem Georgien bemüht sich um den Anschluss an den Westen, was für sie nicht ganz einfach ist, da die geopolitischen Aktivitäten mit ihren fragilen und komplexen Interessen das Ganze übersteigen.

Uwe Halbach, Kaukasus-Experte, äußerte seine Bedenken über die Verschärfung des Konflikts zwischen Georgien und Russland. Russland führt zunehmend auch einen wirtschaftlichen Boykott gegen Georgien, neben der altbekannten wortreichen Auseinandersetzung. Auch unterstützt Moskau die separatistischen Bewegungen vor allem in Süd-Ossetien und Abchasien. Darüber hinaus weiß man nicht, ob es nicht auch weltpolitisch für manche von Vorteil wäre, wenn sich Russland in eine militärische Kampagne in dieser Region hinein ziehen lassen würde, wie russische Politologen konstatieren. Jedenfalls ist es ziemlich deutlich geworden, dass es zwischen dem Westen und Russland auch Spannungen gibt, die sich gerade in der Kaukasus-Region und in Zentralasien niederschlagen.

Alexander Rahr hob hervor, dass viele zentralasiatischen und kaukasischen Staaten sich dem Westen zuwenden wollen. Und das wird Russland wohl nicht zulassen, befürchtet Rahr. Die Gefahr eines geopolitischen Schlachtfeldes ist nicht ausgestanden. Dann befürchtet Russland auch noch einen weitreichenden Effekt ihres Machtverlustes in ihrem "angestammten" historischen Einflussbereich.

Manche Experten sehen hierin eine neue Verschärfung eines "great game". Andere, wie Halbach messen dem nicht soviel Aufmerksamkeit bei, da die Ressourcen nicht so gewaltig sind, wie erhofft. Zudem ist eine gefährdete Sicherheitslage alles andere als förderlich - vor allem inmitten dieses ethnischen Gemisches von verschiedenen Völkern. Halbach setzt auf eine neue und pragmatische Kaukasus-Politik der EU. Die Frage ist nur, wie sich das Verhältnis zu Russland hinsichtlich einer gemeinsamen Stabilitäts- und Sicherheitspolitik entwickelt? Und, wie engagiert wird sich die EU auf diese Region einlassen?

Am Rande sei bemerkt, dass gerade dazu das Getöse eines Cheney oder die Drohungen aus Russland (gedacht ist u.a. an Schirinowski) nicht gerade für besonnene Verhandlungen nützlich sind. Förderlich ist es auch nicht, wenn Boulevardblätter in Russland, wie es solchen Medien eigen ist, perfide dafür werben, "keine georgischen Weine" zu kaufen. Auch ein Saakashvilli sollte sich als altbekannter Hitzkopf überlegen, ob er seine aggressive Rhetorik hinsichtlich der Bewohner der separatistischen Regionen hätte leisten sollen. Dahingehend scheint er sich etwas beruhigt haben. Andererseits werden, was die Konflikte betrifft mittlerweile andere aktiv. Russland äußert sich diesbezüglich auch außenpolitisch, obwohl es ein Tschetschenienkonflikt und einen nord-kaukasischen Konflikt im Nacken sitzen hat. Und die Entwicklungen der Situation auf dem Balkan, insbesondere die Unabhängigkeit Montenegros, macht die weltpoltische Bewertung der Konflikte im Kaukasus nicht gerade einfacher. Vergessen sei auch nicht, dass sowohl den Balkan als auch den Kaukasus enorme gewaltätige Konflikte heimsuchten, die noch nicht der "Vergangenheit" angehören. Gehörige Spannungen herrschen zum Teil in in diesen Regionen. Da sollten wohl gerade die großen Akteure Verantwortung und Aufmerksamkeit mitbringen, wenn sie sich nicht in den Vorhöfen um ihre eigenen Interessen prügeln wollen.

Weitere Links:

* RUßLAND UND DER WESTEN
Das Konfliktpotential mit den USA wächst
(Prof. Dr. phil. Eberhard Schneider, EM)

* Haben europäische Werte in Russland Zukunft? (Von Eberhard Schneider, EM)

* Sind die postkommunistischen Staaten Osteuropas demokratiefähig? (Von Juliane Inozemtseva-Schoenherr, EM)

* Russlands Präsident Putin über Kinder und Wölfe (Von Ulrich Heyden, EM)

* Rußland wird ein eurasischer Integrationsknoten (Von Kai Ehlers, EM)

* Back to the USSR? (Die Presse)

* Moskau zieht die territoriale Integrität Georgiens in Zweifel (Die Welt)

* Russland bereit für Anschluss Südossetiens (Russland-Aktuell)

* Angst vor neuem Wettrüsten (Die Presse)

* Rangelei um den Kaukasus und das Kaspische Meer (Deutsche Welle)

* Presseschau zu Georgien (georgien.blogspot.com)

* Georgien kehrt Russland den Rücken (Berliner Zeitung)

* Ein riesiges Problem Putins ist die Armut im gewalttätigen Kaukasus (Bloomberg)

* Die Rolle des Westens in der Beilegung des
georgisch-abchasischen Konfliktes
(pdf)

* Kommt Kosovo-Lösung im Kaukasus und in Moldawien? (Russland-Aktuell)

* Peter Semneby: "Ein bekräftigtes Interesse der EU für die Lösung der Konflikte" (CauCaz.Com)

* Neue Beiträge zur Region bei CauCaz.Com (georgien.blogspot.com)

* Europa im Kaukasus (georgien.blogspot.com)

* Der Kampf um das Öl am Kaspischen Meer (Von Detlef Bimboes)

* Die alte und neue Konfliktregion Kaukasus-Kaspisches Meer (Von Detlef Bimboes)

Viele interessante Artikel zu den angesprochenen Regionen und zur Thematik finden sie bei: n-ost (KORRESPONDENTEN-NETZ FÜR OSTEUROPA)

Ein interessanter Blog zu dem Thema und der Region: http://taktaka.blogspot.com/

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