Thursday, September 04, 2008

PRESSE: Russland entzweit Ukraine (euro|topics)

Russland entzweit Ukraine
Die ukrainische Regierungskoalition des Präsidenten Wiktor Juschtschenko und der Ministerpräsidentin Julija Tymoschenko steht erneut vor der Auflösung. Grund der Regierungskrise sind unterschiedliche Positionen zum russischen Vorgehen im Kaukasus. Außerdem stimmte Tymoschenkos Partei zusammen mit der russlandfreundlichen Opposition für eine Machtbeschränkung des Präsidenten. Ist die "Revolution in Orange" damit am Ende?

Gazeta Wyborcza - Polen
Die liberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza sorgt sich nach dem Bruch der Regierungskoalition um die Unabhängigkeit der demokratischen Ukraine: "Vom Streit zwischen den Politikern der orangefarbenen Revolution profitiert nur Moskau. ... Falls der vor vier Jahren begonnene demokratische Wandel mit einer Katastrophe und der Bloßstellung der Sieger vom Maidan [Unabhängigkeitsplatz in Kiew] endet, zieht Russland die Ukraine zurück in ihren Einflussbereich. Dann wird es ihre Positionen mit einem eigenen Mann besetzen. Das, was sich am Dienstag und Mittwoch in Kiew ereignet hat, bringt uns dieser Katastrophe nur näher. ... Polens Regierende müssen so schnell wie möglich ihre Partner in Kiew aufrütteln und ihnen - wenn nötig laut und nicht hinter Worten versteckt - erklären, dass es nicht das Wichtigste ist, wer in 18 Monaten Präsident der Ukraine wird. Wichtig ist, dass die Ukraine von einem demokratisch gewählten Präsidenten regiert wird und nicht von einem Generalgouverneur." (04.09.2008)
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Alle verfügbaren Texte von » Waclaw Radziwinowicz

Der Standard - Österreich
Der Standard ruft die zerstrittenen Parteien angesichts der russischen Machtpolitik zur Geschlossenheit auf: "Die Neuauflage der orangefarbenen Koalition ... ist dem alten Machtkampf der Rivalen zum Opfer gefallen. ... Die Krise im Kaukasus hat den Konflikt verschärft, weil das Verhältnis zu Russland in dem Land seit jeher ein schwieriges Thema ist. ... Doch gerade angesichts der schwierigen regionalen Situation kommt die Regierungskrise zur falschen Zeit. Zwar dürften Ängste vor einer russischen Militäraktion in der Ukraine unbegründet sein. Aber Moskaus Spiel mit den Muskeln ist auch für Kiew eine Warnung, das wie Georgien in die westlichen Bündnisse strebt. Jetzt ist Geschlossenheit angesagt, nicht der Wahlkampf. Das sollten sich die Parteien in den nächsten zehn Tagen überlegen." (04.09.2008)
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Alle verfügbaren Texte von » Julia Raabe

Postimees - Estland
Die Tageszeitung Postimees sieht durch den Machtkampf zwischen dem Präsidenten Wiktor Juschtschenko und der Premierministerin Julija Tymoschenko die gesamte Entwicklung des Landes gefährdet: "Nach der orangefarbenen Revolution gab es große Hoffnungen, die Ukraine sei nun nicht mehr auf ihrem Weg gen Westen aufzuhalten. Aber wegen den inneren Spannungen könnte nun genau dieser Fall eintreten, und viele der Illusionen von damals sind inzwischen zerstreut. Dabei wäre es gerade jetzt, nach der russischen Aggression gegen Georgien, so wichtig, dass das Land geeint ist, denn Moskau wird jede Schwäche nutzen, um die Ukraine wieder in seine Einflusssphäre zu treiben und die Krim-Frage zu seinen Gunsten zu lösen. Kiew muss jetzt innenpolitisch weise entscheiden, braucht aber auch die Unterstützung des Westens und klare Signale bezüglich einer möglichen NATO-Mitgliedschaft." (04.09.2008)
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Il Sole 24 Ore - Italien
Für die Tageszeitung Il Sole 24 Ore ist die erneute Regierungskrise in der Ukraine auch für die US-Regierung ein Problem: "Die Abstimmung richtet sich de facto gegen den Präsidenten Wiktor Juschtschenko und reißt die Tür zum Rücktritt der Regierung sperrangelweit auf. Die realistischste Perspektive ist die Auflösung des aktuellen Parlaments, das dritte, das seit 2006 gewählt wurde. Ein erschütternder Rekord, der die Zerbrechlichkeit der institutionellen wie auch politischen Struktur der Ukraine aufzeigt, die von Krisen und permanenter Instabilität gezeichnet ist, mit verheerenden Auswirkungen auch auf die Wirtschaft. Darüber sollten auch die nachdenken, die auf den Beitritt von Kiew in die NATO drängen. ... Die schwere Krise ist kurz vor der Ankunft von US-Vizepräsident Dick Cheney eingetreten, der in der Bush-Regierung den Interventionsflügel repräsentiert und für den Beitritt von Georgien und der Ukraine in die NATO ist. Cheney findet in Juschtschenko eine 'lahme Ente' vor, was einen Pluspunkt für Moskau im internationalen Tauziehen auf postsowjetischem Terrain bedeutet." (04.09.2008)
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Alle verfügbaren Texte von » Piero Sinatti

Latvijas Avīze - Lettland
Transnistrien als nächster Unruheherd? Die Tageszeitung Latvijas Avīze befürchtet, dass Georgien nicht das einzige Opfer der Politik Moskaus bleiben werde: "Ein ähnliches Szenario könnte der Republik Moldau bevorstehen. Dort könnte die abtrünnige Republik Transnistrien das ganze übrige Land terrorisieren, wenn es die Regierung in Chisinau wagen sollte, sich stärker nach Rumänien und damit gen Westen zu orientieren. ... Für die Zukunft von Georgien wird es indes besonders wichtig, was die Außenminister der NATO bei ihrem Treffen im Dezember entscheiden, zumal wir dann auch wissen, wer der nächste US-Präsident wird. Und Europa muss zeigen, dass es in der Lage ist, weitere ehemalige Sowjetrepubliken zu integrieren und die alten Konflikte auf diplomatischem Weg zu lösen. Hier könnten wir uns noch mehr Gehör verschaffen, auch wenn unsere Aussagen nicht für alle bequem sind." (04.09.2008)
» zum ganzen Artikel (externer Link, lettisch)
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Alle verfügbaren Texte von » Uldis Smits

The Guardian - Großbritannien
Ethnische Säuberungen in Südossetien? In der Tageszeitung The Guardian wirft der Historiker Timothy Garton Ash russischen Milizen ethnische Säuberungen in Südossetien vor und denkt über eine angemessene Haltung Europas gegenüber Russland nach: "Was wir brauchen, ist eine zweigleisige Strategie, die Elemente einer harten Abschreckung und eines geschickten Engagements kombiniert - wenn man so will: Kalter Krieg und Entspannung. ... Es muss klar bleiben, dass die Tür immer noch offen ist für die Art von strategischer Partnerschaft, von der der Westen in den 90er Jahren geträumt hatte, mit Russland als einem neuen Pfeiler einer liberalen internationalen Ordnung. Unsere Arbeitsgrundlage muss jedoch sein, dass es auf absehbare Zeit Putins Russland bleiben wird: eine unnachgiebige Großmacht, entschlossen, den Einfluss des Westens zurückzudrängen und seine eigene Einflusssphäre im Stil des 19. Jahrhunderts im postsowjetischen Raum zu etablieren. ... Europa muss tun, was es kann für Georgien, einschließlich einer sichtbaren Präsenz vor Ort. Aber strategisch ist es noch wichtiger, das Bestmögliche für die Ukraine zu tun. ... Die EU sollte jetzt der Ukraine eine klare Perspektive der Mitgliedschaft geben. ... Unsere Antwort sollte realistisch sein in unserer Einschätzung nicht nur Russlands, sondern auch unserer Stärken und Schwächen. Russland kann mit Panzern gut umgehen. Europa kann mit Panzern nicht gut umgehen. Aber wir können tausend andere Dinge, die kleiner, weicher und langsamer als Panzer sind, die aber - Zeit und die Perspektive einer eventuellen Mitgliedschaft vorausgesetzt - eine stärke Kraft sein können. Dieses europäische Modell steht jetzt auf dem Prüfstand." (04.09.2008)
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Alle verfügbaren Texte von » Timothy Garton Ash

El País - Spanien
Europa braucht eine Außenpolitik Die Tageszeitung El País betrachtet die aktuelle internationale Politik im historischen Kontext der vergangenen Jahrhunderte und empfiehlt Europa, eine eigenständige Außenpolitik zu entwickeln: "Die wahre Frage war damals [nach dem Ende des Kalten Krieges] und ist heute: Wird Weltfrieden durch die unilaterale Vorherrschaft der USA garantiert, oder baut Weltfrieden auf einer multilateralen Ordnung auf, die ... auf dem Prinzip des Vorrangs des Allgemeininteresses vor dem des Einzelnen beruht. Die USA begingen den schweren Fehler, auf die unilaterale Verteidigung ihrer absoluten Hegemonie zu setzen. ... Die Ereignisse in Georgien und dem Vorgehen Russlands, denen mit dem Kosovo ein ähnlicher Fall des Westens voran ging, und dem Versuch des russischen Präsidenten Medwedew, die chinesische Unterstützung für seine Handlungen zu bekommen, machen deutlich, wohin sich die neue internationale Politik entwickelt: Allianzen auf der Basis gemeinsamer Interessen zu schmieden, mit dem Ziel eigene Interessen zu verteidigen und die der anderen zu bestimmen. In diesem Zusammenhang muss sich Europa einige Fragen stellen: Muss es immer über die NATO als Komparse der USA auftreten? Kann Europa nicht eine eigene Position zu Russland einnehmen, die seine Energieabhängigkeit, sowie die Probleme, die Russland aufgrund von Sibirien mit China haben wird, berücksichtigt? Werden die USA nicht bald auf eine besondere Beziehung zu China setzen ... und Europa zurückstufen?" (04.09.2008)
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Alle verfügbaren Texte von » Juan-José López Burniol

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