Friday, May 24, 2013

SÜDKAUKASUS: Kampf der Eliten in Georgien. Von Daniel Wechlin, Moskau (nzz.ch)

Georgiens Präsident Saakaschwili glaubt in seinem Land von Rachegelüsten getriebene Kräfte am Werk. 

(nzz.ch) In Georgien geht die Justiz weiter gegen Weggefährten von Präsident Saakaschwili vor. Ob dahinter lediglich die Ahndung von Verbrechen steht, ist fraglich.

Der georgische Präsident Micheil Saakaschwili sieht in der Südkaukasus-Republik Vorboten eines autoritären Regimes. Mit dem Hinweis auf die Regierung von Bidsina Iwanischwili sagte er in einem Fernsehinterview, dass in Georgien Kräfte am Werk seien, die das Land international zu isolierten suchten und von Rachegelüsten getrieben seien. Die Demokratie sei gefährdet. Hintergrund der Äusserungen sind die Festnahme von Wano Merabischwili, dem Generalsekretär von Saakaschwilis Partei, und von Surab Tschiaberaschwili, dem Gouverneur Kachetiens. Den Weggefährten Saakaschwilis werden Amtsmissbrauch und Korruption vorgeworfen. Wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag bestätigte, wurde Tschiaberaschwili auf Kaution freigelassen. Merabischwili hingegen soll bis zum Auftakt des Verfahrens in zwei Monaten in Untersuchungshaft bleiben.

Die Vorwürfe gegen die beiden prominenten Politiker ist der vorläufige Höhepunkt in den Ermittlungen der georgischen Justiz gegen vormalige Regierungsmitglieder seit dem Machtwechsel im vergangenen Oktober. Die Partei von Präsident Saakaschwili büsste damals nach acht Jahren ihr Machtmonopol ein und verlor in der Volkskammer die Mehrheit an Iwanischwilis Koalition Georgischer Traum. Der schillernde Milliardär Iwanischwili wurde Ministerpräsident. Die neue Regierung liess wegen angeblicher Rechtsverstösse zahlreiche Politiker und Militärs festnehmen. Der Rechtsstaatlichkeit werde damit entsprochen, behauptet Iwanischwili. Saakaschwili spricht von Repression und politisch motivierter Justiz.

Besonders die Festnahme von Merabischwili, einem früheren Regierungschef, dürfte das politische Klima in Georgien weiter anheizen. Der 45-Jährige wird als Kandidat für die im Oktober anstehende Wahl von Saakaschwilis Nachfolger gehandelt. Iwanischwili hat als Präsidentschaftskandidat seinen Bildungsminister Georgi Margwelaschwili vorgeschlagen. Was hinter den Anschuldigungen gegen Merabischwili steht, ist noch schwierig abzuschätzen. Einerseits erhält er für seine Zeit an der Spitze des Innenministeriums Lob für die Durchführung einer Polizeireform sowie für die Korruptionsbekämpfung. Andererseits wird er für sein hartes Durchgreifen gegen die Opposition gefürchtet, etwa anlässlich einer Anti-Regierungs-Demonstration im Mai 2011 in Tbilissi, an der Todesopfer zu beklagen waren.

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